Ein Mord erschütterte im Jahr 80 v. Chr. das kleine verschlafene Landstädtchen Ameria. Sextus Roscius, ein angesehener und wohlhabender Bürger war erschlagen worden. Auf diese zwar bedauerliche, aber doch eher gewöhnliche Bluttat folgte bald darauf ein Aufsehen erregender Prozess in Rom. Dort nämlich wurde der Sohn des Toten, ebenfalls Sextus Roscius mit Namen, des Mordes angeklagt. Bald war offensichtlich, dass es sich um eine politisch äußerst gefährliche Angelegenheit handelte.
Verständlich, dass keiner der namhaften Anwälte die Verteidigung übernehmen wollte! So ergab sich für einen noch unbekannten jungen Redner und Juristen die Chance seines Lebens: Marcus Tullius Cicero. In dieser BBC-Dokumentation „Cicero – Schauprozess im alten Rom“ wird der Sensationsprozess im republikanischen Rom wieder lebendig. Ungeachtet möglicher Konsequenzen trat Cicero mutig für Sextus Roscius ein, denn er war sicher: der junge Mann ist unschuldig!
Rom, im Jahr 80 v. Chr. eine Menschenmenge drängt sich auf dem Forum, jeder Zuschauer versucht, einen guten Platz für die Verhandlung zu ergattern. Ein Mordprozess ist anberaumt, der ungewöhnlich spannend zu werden verspricht. In dem verschlafenen Landstädtchen Ameria unweit der Hauptstadt soll ein gewisser Sextus Roscius ein Verbrechen verübt haben – Vatermord.
Der Ausgang des Prozesses ist deswegen so ungewiss, weil auf irgendeine, noch nicht ganz geklärte Weise, hochgestellte Persönlichkeiten darin verwickelt zu sein scheinen. Hat nicht Chrysogonus, der finstere Günstling des allmächtigen Diktators Lucius Cornelius Sulla, massiv von der Bluttat profitiert? Gerade hat der Verteidiger das Wort ergriffen. Wer ist dieser Mann? Warum spricht hier keiner der bekannten Redner? Viele aus dem Publikum kennen ihn noch nicht, den sechsundzwanzigjährigen jungen Anwalt namens Marcus Tullius Cicero.
Credo ego vos, iudices, mirari, quid sit, quod, cum tot summi oratores hominesque nobilissimi sedeant, ego potissimum surrexerim, is, qui neque aetate neque ingenio neque auctoritate sim cum his, qui sedeant, comparandus.
Anwesend sind sie alle, die prominenten Redner und Rechtsgelehrten; niemand will sich die Verhandlung entgehen lassen, aber keiner wagt sich aus der Deckung. Nicht nur, dass Cicero die Anklage zerpflückt, er weist furchtlos die Verstrickung des Chrysogonus nach. Immer deutlicher wird es Richtern und Zuhörern klar: für diese Anklage gab es nicht den geringsten Beweis. Der ganze Prozess war von der Klägerseite überhaupt nicht vorbereitet worden. Eine Verurteilung des Angeklagten kommt dann nicht mehr in Frage. Schließlich greift Cicero Sullas Günstling Chrysogonus direkt an. Warum trachte er dem jungen Roscius durch diese Mordklage nach dem Leben, wenn er sich seines Eigentums doch ohnehin schon bemächtigt habe? Das Plädoyer überzeugte das Gericht vollständig. So durchschlagend war Ciceros Erfolg, dass nicht nur Sextus Roscius freigesprochen wurde, sondern dass er selbst mit einem Schlag der bekannteste Anwalt und Redner Roms wurde.
Text: www.bbcgermany.de