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Österreichs Bundesminister für Wirtschaft und Forschung plädiert für alte Sprachen

Sabine Spitzer, Thüringer Allgemeine, 14.04.2012
(Text als PDF)

Österreichs Bildungsminister Karlheinz Töchterle plädiert in Erfurt für eine Rückbesinnung auf alte Sprachen

Karlheinz Töchterle, Österreichs Bundesminister für Wirtschaft und Forschung, in Erfurt. Foto: Marco Kneise

Erfurt. Hat eine tote Sprache wie Latein Zukunft? Ja, ist Bernhard Zimmermann sicher. Der Vorsitzende des Deutschen Altphilologenverbandes erklärt: «Mit Latein können Schüler modellhaft lernen, wie Sprache funktioniert und damit die eigene Sprache mit ihrer Grammatik besser verstehen.»
Diese Ansicht vertritt auch Karlheinz Töchterle, Österreichs Bundesminister für Wissenschaft und Forschung. Er meint sogar, dass Latein beitragen könne, die derzeitige Krise insbesondere im Bildungssystem zu bewältigen. Denn in keiner anderen Sprache sei das europäische Denken so verankert wie im Lateinischen. «Die antike Welt bietet hier einen unerschöpflichen Fundus», sagte er zum Abschluss des Bundeskongresses der Deutschen Altphilologen am Freitag in Erfurt.
Gerade in einer Krise gebe es Rückbesinnungen, also Renaissancen, die eine Erneuerung zur Folge hätten. Diese Renaissancen — so habe die Geschichte gezeigt — seien meist auf sprachlicher und literarischer Ebene. Daher setzt Töchterle auf die Bildung in alten Sprachen. Die Lehrer sollten jetzt aus ihrer Defensive kommen, in die sie in den vergangenen Jahren wegen des Aufkommens moderner Sprachen geraten sind.
Bernhard Zimmermann sieht die alten Sprachen in Deutschland bereits wieder im Aufwind. »Mehr als 30 Prozent aller deutschen Schüler lernen Latein», sagt er. Und er wünschte sich, es würden mehr. Denn das Lateinische kann auch die Integration fördern. So hat eine Studie gezeigt, dass Schüler mit Migrationshintergrund schneller und leichter Zugang zur deutschen Sprache und Kultur finden, wenn sie Latein lernen. «Es gab bereits Bewegungen, Latein ab der vierten Klasse zu integrieren», berichtete Zimmermann. Doch der Schulversuch scheiterte am Geld, bedauert Zimmermann.
Deutschland mangelt es derzeit an Lateinlehrern. Und in spätestens zehn Jahren sieht der Altphilologen-Chef bereits jetzt einen Überschuss an Lehrern. «Die Fehler liegen bei der Politik», kritisiert Zimmermann. Ihm könne niemand weismachen, dass 1995 noch nicht vorausgesehen werden konnte, dass der Staat auf einen Lehrermangel zusteuere. «Politiker denken immer nur in Wahlperioden», wünscht er sich mehr Voraussicht.
Dass die alten Sprachen eine Menge Potenzial bieten, sieht er genauso wie Karlheinz Töchterle. Als Beispiel führt er den griechischen Philosophen Epikur an, dessen Lebensweisheiten, seine Staats- und Moralphilosophien heute wieder zahlreiche Menschen ansprechen. «Daher sollten alte Sprachen mehr ins Bewusstsein rücken.»