〈Die Staatlichen Museen zu Berlin〉 haben den in Berlin lebenden Lyriker Gerhard Falkner, einen der grossen deutschen Sprachzauberer, beauftragt, Gedichte zum Pergamonfries zu verfassen; diese «Pergamon Poems» hat man zusammen mit der Berliner Schaubühne als Videoclips inszeniert, in denen die Rezitation durch Schauspieler, Kamerafahrten über die Figuren des Frieses und leise Musik eine erstaunliche Verbindung eingehen: Die lebendig bewegten Gesichter der Darsteller, der tote, aber belebte Stein, das nur gelegentlich gebrochene Gleichmass der präzise vorgetragenen Verse und die zarten Töne formen einen Eindruck von meditativer Geschlossenheit […] br> br>
Falkners Verse knüpfen an die Tradition sprachlicher Evokation von Plastik seit Winckelmann an. Das moderne Medium erlaubt es, dass Skulpturen und Gedichte sich gegenseitig steigern. Die menschlichen Organe, die dafür gebraucht werden, der sprechende Mund und das sehende Auge werden dabei so berührend miteinbezogen, dass der Zuschauer selbst ganz Auge und ganz Ohr wird. Die Stimme und das Phänomen: Selten sieht man, wie genial sich das älteste Medium der Menschheit, die mündliche Dichtung, mit ihrem jüngsten, dem Videokanal, verbünden kann. Angeblich ist der Pergamon-Altar angeregt durch Verse Homers, die von den Wohnungen der Götter handeln. Gerhard Falkner schlägt diesen Bogen zurück und macht den Berliner Marmorsturm zum Anlass neuer Dichtung: klassischer und gegenwärtiger geht es nicht. Auszug aus dem Bericht der SZ (7.4.2012, S. 17) von Gustav Seibt