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Worterklärung: Binsenweisheit (SZ — Aktuelles Lexikon)

Die Binse, botanisch Juncus, ist eine Pflanze und wächst gern in Feuchtgebieten. Erkennen kann man sie auch daran, dass ihre runden Stängel anders als Süßgräser keine Knoten haben. So entstand im alten Rom die Redensart ‘quaerere in scirpo nodum’, Knoten an der Binse suchen: an einer Wahrheit herumdeuteln, die ohnehin offen zutage liegt. Laut Kluges Etymologischem Wörterbuch entstand vermutlich daraus der deutsche Ausdruck ‘Binsenweisheit’ für eine allgemein bekannte Information. Eine farbigere Herkunft liefert der Dichter Ovid, der von einem Musikwettstreit zwischen den Göttern Pan und Apoll berichtet. Schiedsrichter ist der greise Berggott Tmolus, der lauscht und Apoll mit seiner Leier zum Sieger erklärt. Einzig König Midas ist Pans einfache Flöte lieber. Daraufhin verpasst Apoll ihm beleidigt Eselsohren, die Midas unter einem Turban versteckt. Nur vor seinem Friseur kann er die Schande nicht verbergen, der die pikante Information in ein Erdloch schreit und es zuschüttet. Aus diesem wächst jedoch Gras, das, vom Südwind bewegt, die Wahrheit weiterflüstert, sodass eine Binsenweisheit daraus wird – wobei bei Ovid von harundo die Rede ist, Schilfrohr also, keine Binse.

Quelle: Süddeutsche Zeitung, 7.9.2011, S. 2 (aktuelles Lexikon)